Einteilung der Kleinplaneten

von Jens Kandler, Volkssternwarte Drebach

April 2001


  1. Einleitung
  2. Allgemeines zur Einteilung von Planetoiden
  3. Einteilung nach der Lage im Sonnensystem
  3.1. Aten - Planetoiden
  3.2. Apollo - Planetoiden
  3.3. Amor - Planetoiden
  3.4. Trojaner - Planetoiden
  3.5. Planetoidenfamilien im Hauptgürtel
  3.6. Andere Gruppen von Planetoiden
  3.7. Potentially Hazardous Asteroids
  4. Verteilung der Planetoiden nach der chemischen Zusammensetzung
  5. Literatur

1. Einleitung

Dieser vorliegende Beitrag stellt eine allgemeine Zusammenfassung von Informationen zur Einteilung von Planetoiden in verschiedene Familien und Gruppen dar. Bei der Erstellung dieses Artikels waren besonders die WWW-Seiten des Minor Planet Center, kurz MPC, in den USA wichtig.

2. Allgemeines zur Einteilung von Planetoiden

Im allgemeinen kann man Planetoiden nach zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten einteilen. Als erstes ist die Einteilung nach der Lage im Sonnensytem, also nach bahnmechanischen Gesichtspunkten, zu nennen. Eine weitere Einteilung der Planetoiden kann hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung ihres Oberflächenmaterials erfolgen.

3. Einteilung nach der Lage im Sonnensystem

Erste Einteilungen der Planetoiden bezüglich ihrer Bahnparameter sind von Kirkwood schon aus dem Jahre 1888 bekannt [3]. Im Jahr 1918 wurden die ersten Planetoidenfamilien von Hirayama festgelegt [4]. Eine andere Einteilung des Hauptgürtels stammt von Kozai (1979), der 72 (!) Familien festgelegt hat. Allerdings gelten nicht alle dieser Familien als gesichert [4].
Die grösste Konzentration von Planetoiden im Sonnensystem wird als Hauptgürtel bezeichnet, welcher sich zwischen 2,0 und 4,0 AE befindet. Er unterteilt sich weiter in verschiedene Ansammlungen von Planetoiden. Diese Ansammlungen sind verschiedene Planetoidenfamilien, deren Name von dem jeweiligen Prototypen abgeleitet ist. Ein Beispiel ist die Erosgruppe bei 3,0 AE zu nennen. Ausserhalb des Hauptgürtels ist eine auffällige Konzentration bei 5,2 AE zu erkennen. Hierbei handelt es sich um die bekannte Trojanerfamilie Auf einzelne ausgewählte Planetoidenfamilien wird weiter unten im Text genauer eingegangen.
Besonders auffällig sind die "Lücken" im Hauptgürtel bei z.B. 2,5, 2,83 und 3,3 AE, in denen sich keine Planetoiden aufhalten. Diese Lücken werden auch als sogenannte Kirkwood-Lücken bezeichnet. Die Lücken sind nicht unregelmässig verteilt, sondern liegen an ganz bestimmten Stellen. Die Planetoiden meiden im allgemeinen Umlaufperioden, die mit der Umlaufdauer von Jupiter in Resonanz stehen. Hier sind folgende Zahlenverhältnisse zu nennen: 1/5, 1/4, 2/1, 1/3, 2/5, 3/7, 1/2, 2/3, 3/4 und 1/1. Zum Beispiel bei der 1/3 - Resonanz bedeuten die Zahlen, dass 3 Umläufe dieses Planetoiden so lang wie 1 Umlauf des Jupiters dauern. Somit begegnet dieser Planetoid dem Planeten Jupiter nach genau 3 Bahnumläufen wieder am Ausgangspunkt. Dadurch wird der Kleinplanet in seiner Bahn gestört. Diese Störungen sorgen dafür, dass der Planetoid in eine andere Bahn gelangt. Man vermutet, dass es sich bei den Planetoiden der Apollo- und Amorfamilie im wesentlichen um solche Objekte handelt [1]. Es gibt aber auch Planetoiden, welche sich in Resonanzgebiete aufhalten. Hier sind die Hilda- Familie und die Trojaner- Familie zu nennen.

3.1. Aten - Planetoiden

Die Vertreter der Atenfamilie haben grosse Bahnhalbachsen a, die zwischen 0,6 und 1,0 AE liegen. Im Aphel ist die Entfernung der Aten - Planetoiden grösser als 0,983 AE. Der mittlere angenommene Durchmesser liegt bei 3,2 km.
z.B. (2062) Aten, (2340) Hathor, (2100) Ra-Shalom , (3753) 1986 TO, (3362) Khufu

3.2. Apollo - Planetoiden

Die grossen Bahnhalbachsen a der Mitglieder der Apollofamilie liegen im allgemeinen zwischen 1 und 2 AE. Im Perihel ist die Entfernung der Apollo - Planetoiden kleiner oder gleich 1,017 AE. Der mittlere angenommene Durchmesser dieser Kleinplaneten liegt bei 5,3 km.
z.B. (1862) Apollo, (1685) Toro, (1620) Geographos, (1566) Icarus

3.3. Amor - Planetoiden

Die Kleinplaneten der Amorfamilie haben grosse Bahnhalbachsen a, welche in einem Bereich zwischen 1,2 und 3,5 AE streuen. Im Perihel liegt die Entfernung der Amor - Planetoiden zwischen 1,017 und 1,3 AE. Der angenommene mittlere Durchmesser beträgt ca. 8,4 km.
z.B. (1221) Amor, (1036) Ganymed, (887) Alinda, (719) Albert, (433) Eros

3.4. Trojaner - Planetoiden

Die Kleinplaneten der Trojanerfamilie haben grosse Bahnhalbachse a zwischen 5,1 und 5,3 AU. Der mittlere angenommene Durchmesser liegt bei 86,3 km.
z.B. (588) Achilles, (617) Patroclus, (624) Hektor, (659) Nestor, (884) Priamus Die Familie der Trojaner liegt im 1/1 - Resonanzgebiet zu Jupiter. Diese befinden sich in den Lagrangepunkten L4 und L5, welche dem Jupiter jeweils 60 Grad voraus und 60 Grad hinterher eilen. Da in diesen Punkten keine gravitativen Störungen des Jupiters wirken, konnten sich die Trojaner in dieser Position halten.
Somit gibt es zwei Gruppen. Die Achillesgruppe in L4 und die Patroclusgruppe in L5.

3.5. Planetoidenfamilien im Hauptgürtel

Im Hauptgürtel, der ca. 95% aller Planetoiden beinhaltet, sind die verschiedenen Kleinplaneten in Gruppen eingeteilt. Hier wären die Hungaria-, die Flora-, die Phocaea-, die Nysa-, die Maria-, die Proserpina-, die Pallas-, die Koronis-, die Budrosa-, die Eos-, die Themis-, die Cybele- und die Hildafamilie zu nennen.
Stellvertretend für die große Menge dieser Familien soll nur die Hilda-Familie genannt werden. Diese Gruppe befindet sich im Bereich zwischen 3,9 und 4,0 AE. Die untersuchten nummerierten Objekte weisen einen mittleren angenommenen Durchmesser von 64,1 km auf.
z.B. (153) Hilda, (1578) Kirkwood, (1748) Mauderli, (1754) Cunningham, (1877) Marsden

3.6. Andere Gruppen von Planetoiden

In der Literatur findet man häufig Hinweise auf die Centaur-Kleinplaneten. Dabei handelt es sich um Kleinplaneten, die sich zwischen den Bahnen der Planeten Jupiter und Neptun befinden. Einige Beispiele hierfür sind die Planetoiden (2060) Chiron, (5145) Pholus und (7066) 1993 H2.
Der Kleinplanet (2060) Chiron wurde später auch als periodischer Komet klassifiziert, da in diesem Fall ein Unterschied nicht klar nachweisbar war.
Ausserdem sind sogenannte Transneptun-Kleinplaneten bekannt. Die Bahnhalbachse dieser Objekte ist grösser als die des Neptun.

3.7. Potentially Hazardous Asteroids

Die Kleinplaneten, die für die Erde die grösstze Gefahr darstellen, werden im englischsprachigen Raum auch als Potentially Hazardous Asteroids bezeichnet. Einige kommen der Erde bis auf weniger als 0,05 AE nahe.

4. Verteilung der Planetoiden nach der chemischen Zusammensetzung

Die Einteilung der Planetoiden nach der Lage im Sonnensystem zeigt sehr schön wie sich die Planetoiden nach bahnmechanischen Gesichtspunkten bewegen. Erst photometrische, polarimetrische und spektroskopische Methoden lassen Untersuchungen der chemischen Oberflächenbeschaffenheit der Kleinplaneten zu. Die Einteilung erfolgt in 9 verschiedene Gruppen [5]. Eine weitere Klassifizierung in 14 Gruppen [3] ist bekannt. Diese ist in der nachfolgenden Tabellezu sehen. Die C-, S- und M- Typen sind die Gruppen mit den meisten Mitgliedern.

Typ geom. Albedo Reflexionsspektrum Zusammensetzung Meteoritentyp
C <0,065 neutral, schwache Strukturen Silikat+dunkle Komponente kohlige Chondrite
S 0,09-0,23 rötlich, Fe2+-Absorbtion Silikat+Metall Stein-Eisen-Meteorite
M 0,065-0,23 leicht rötlich, strukturlos Metall o.Metall+neutrales Silikat Eisen-Meteorite, Enstatit-Chondrite
E > 0,23 neutral o.leicht rötlich, strukturlos neutrales Silikat Enstatit-Achondrite
R > 0,16 sehr rot, starke Fe2+- Absorption Fe2+- haltiges Silikat gewöhnliche Chondrite
U unterschiedlich ungewöhnlich unterschiedlich unbekannt oder sehr unter-schiedlich
F < 0,065 neutral, strukturlos Silikat+dunkle Komponente -
P < 0,065 leicht rötlich, strukturlos Silikat + dunkle Komponente -
D < 0,065 sehr rot Silikat+dunkle Komponente -

5. Literatur

[1] Grosser JRO Atlas der Astronomie
[2] Minor Planet Center, USA, WWW-Seiten
[3] Die Taxometrie der Kleinen Planeten, D.Ewald, KPM 14
[4] Die Renaissance der Planetoidenastronomie, F.Börngen, Kalender für Sternfreunde 1988
[5] Planetoiden: ..., Sterne 60 (1984/1)
[6] Planeten-Wanderer im All, Lang und Whitney, Springer-Verlag


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