Dieser vorliegende Beitrag stellt eine allgemeine Zusammenfassung von Informationen zur Einteilung von Planetoiden in verschiedene Familien und Gruppen dar. Bei der Erstellung dieses Artikels waren besonders die WWW-Seiten des Minor Planet Center, kurz MPC, in den USA wichtig.
Im allgemeinen kann man Planetoiden nach zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten einteilen. Als erstes ist die Einteilung nach der Lage im Sonnensytem, also nach bahnmechanischen Gesichtspunkten, zu nennen. Eine weitere Einteilung der Planetoiden kann hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung ihres Oberflächenmaterials erfolgen.
Erste Einteilungen der Planetoiden bezüglich ihrer Bahnparameter sind von Kirkwood
schon aus dem Jahre 1888 bekannt [3]. Im Jahr 1918 wurden die ersten Planetoidenfamilien
von Hirayama festgelegt [4]. Eine andere Einteilung des Hauptgürtels stammt von
Kozai (1979), der 72 (!) Familien festgelegt hat. Allerdings gelten nicht alle dieser
Familien als gesichert [4].
Die grösste Konzentration von Planetoiden im Sonnensystem wird als Hauptgürtel
bezeichnet, welcher sich zwischen 2,0 und 4,0 AE befindet. Er unterteilt sich weiter in
verschiedene Ansammlungen von Planetoiden. Diese Ansammlungen sind verschiedene
Planetoidenfamilien, deren Name von dem jeweiligen Prototypen abgeleitet ist. Ein Beispiel
ist die Erosgruppe bei 3,0 AE zu nennen.
Ausserhalb des Hauptgürtels ist eine auffällige Konzentration bei 5,2 AE zu erkennen.
Hierbei handelt es sich um die bekannte
Trojanerfamilie
Auf einzelne ausgewählte Planetoidenfamilien wird weiter unten im Text genauer eingegangen.
Besonders auffällig sind die "Lücken" im Hauptgürtel bei z.B. 2,5, 2,83
und 3,3 AE, in denen sich keine Planetoiden aufhalten. Diese Lücken werden auch als
sogenannte Kirkwood-Lücken bezeichnet. Die Lücken sind nicht unregelmässig
verteilt, sondern liegen an ganz bestimmten Stellen. Die Planetoiden meiden im allgemeinen
Umlaufperioden, die mit der Umlaufdauer von Jupiter in Resonanz stehen. Hier sind folgende
Zahlenverhältnisse zu nennen: 1/5, 1/4, 2/1, 1/3, 2/5, 3/7, 1/2, 2/3, 3/4 und 1/1.
Zum Beispiel bei der 1/3 - Resonanz bedeuten die Zahlen, dass 3 Umläufe dieses Planetoiden
so lang wie 1 Umlauf des Jupiters dauern. Somit begegnet dieser Planetoid dem Planeten Jupiter
nach genau 3 Bahnumläufen wieder am Ausgangspunkt. Dadurch wird der Kleinplanet in seiner
Bahn gestört. Diese Störungen sorgen dafür, dass der Planetoid in eine andere
Bahn gelangt. Man vermutet, dass es sich bei den Planetoiden der Apollo- und Amorfamilie im
wesentlichen um solche Objekte handelt [1]. Es gibt aber auch Planetoiden, welche sich in
Resonanzgebiete aufhalten. Hier sind die Hilda- Familie und die Trojaner- Familie zu nennen.
Die Vertreter der
Atenfamilie
haben grosse Bahnhalbachsen a, die zwischen 0,6 und 1,0 AE liegen. Im Aphel ist die Entfernung
der Aten - Planetoiden grösser als 0,983 AE. Der mittlere angenommene Durchmesser liegt
bei 3,2 km.
z.B. (2062) Aten, (2340) Hathor, (2100) Ra-Shalom , (3753) 1986 TO, (3362) Khufu
Die grossen Bahnhalbachsen a der Mitglieder der
Apollofamilie
liegen im allgemeinen zwischen 1 und 2 AE. Im Perihel ist die Entfernung der Apollo - Planetoiden
kleiner oder gleich 1,017 AE. Der mittlere angenommene Durchmesser dieser Kleinplaneten liegt
bei 5,3 km.
z.B. (1862) Apollo, (1685) Toro, (1620) Geographos, (1566) Icarus
Die Kleinplaneten der
Amorfamilie
haben grosse Bahnhalbachsen a, welche in einem Bereich zwischen 1,2 und 3,5 AE streuen. Im
Perihel liegt die Entfernung der Amor - Planetoiden zwischen 1,017 und 1,3 AE. Der angenommene
mittlere Durchmesser beträgt ca. 8,4 km.
z.B. (1221) Amor, (1036) Ganymed, (887) Alinda, (719) Albert,
(433) Eros
Die Kleinplaneten der
Trojanerfamilie
haben grosse Bahnhalbachse a zwischen 5,1 und 5,3 AU. Der mittlere angenommene Durchmesser liegt
bei 86,3 km.
z.B. (588) Achilles, (617) Patroclus, (624) Hektor, (659) Nestor, (884) Priamus
Die Familie der Trojaner liegt im 1/1 - Resonanzgebiet zu Jupiter. Diese befinden sich in
den Lagrangepunkten L4 und L5, welche dem Jupiter jeweils 60 Grad voraus und 60 Grad
hinterher eilen. Da in diesen Punkten keine gravitativen Störungen des Jupiters wirken,
konnten sich die Trojaner in dieser Position halten.
Somit gibt es zwei Gruppen. Die Achillesgruppe in L4 und die Patroclusgruppe in L5.
Im Hauptgürtel, der ca. 95% aller Planetoiden beinhaltet, sind die verschiedenen
Kleinplaneten in Gruppen eingeteilt. Hier wären die Hungaria-, die Flora-, die Phocaea-,
die Nysa-, die Maria-, die Proserpina-, die Pallas-, die Koronis-, die Budrosa-, die Eos-,
die Themis-, die Cybele- und die Hildafamilie zu nennen.
Stellvertretend für die große Menge dieser Familien soll nur die Hilda-Familie genannt
werden. Diese Gruppe befindet sich im Bereich zwischen 3,9 und 4,0 AE. Die untersuchten
nummerierten Objekte weisen einen mittleren angenommenen Durchmesser von 64,1 km auf.
z.B. (153) Hilda, (1578) Kirkwood, (1748) Mauderli, (1754) Cunningham, (1877) Marsden
In der Literatur findet man häufig Hinweise auf die
Centaur-Kleinplaneten.
Dabei handelt es sich um Kleinplaneten, die sich zwischen den Bahnen der Planeten Jupiter und Neptun
befinden. Einige Beispiele hierfür sind die Planetoiden (2060) Chiron, (5145) Pholus und
(7066) 1993 H2.
Der Kleinplanet (2060) Chiron wurde später auch als periodischer Komet klassifiziert,
da in diesem Fall ein Unterschied nicht klar nachweisbar war.
Ausserdem sind sogenannte
Transneptun-Kleinplaneten
bekannt. Die Bahnhalbachse dieser Objekte ist grösser als die des Neptun.
Die Kleinplaneten, die für die Erde die grösstze Gefahr darstellen, werden im englischsprachigen Raum auch als Potentially Hazardous Asteroids bezeichnet. Einige kommen der Erde bis auf weniger als 0,05 AE nahe.
Die Einteilung der Planetoiden nach der Lage im Sonnensystem zeigt sehr schön wie sich die Planetoiden nach bahnmechanischen Gesichtspunkten bewegen. Erst photometrische, polarimetrische und spektroskopische Methoden lassen Untersuchungen der chemischen Oberflächenbeschaffenheit der Kleinplaneten zu. Die Einteilung erfolgt in 9 verschiedene Gruppen [5]. Eine weitere Klassifizierung in 14 Gruppen [3] ist bekannt. Diese ist in der nachfolgenden Tabellezu sehen. Die C-, S- und M- Typen sind die Gruppen mit den meisten Mitgliedern.
Typ | geom. Albedo | Reflexionsspektrum | Zusammensetzung | Meteoritentyp |
C | <0,065 | neutral, schwache Strukturen | Silikat+dunkle Komponente | kohlige Chondrite |
S | 0,09-0,23 | rötlich, Fe2+-Absorbtion | Silikat+Metall | Stein-Eisen-Meteorite |
M | 0,065-0,23 | leicht rötlich, strukturlos | Metall o.Metall+neutrales Silikat | Eisen-Meteorite, Enstatit-Chondrite |
E | > 0,23 | neutral o.leicht rötlich, strukturlos | neutrales Silikat | Enstatit-Achondrite |
R | > 0,16 | sehr rot, starke Fe2+- Absorption | Fe2+- haltiges Silikat | gewöhnliche Chondrite |
U | unterschiedlich | ungewöhnlich | unterschiedlich | unbekannt oder sehr unter-schiedlich |
F | < 0,065 | neutral, strukturlos | Silikat+dunkle Komponente | - |
P | < 0,065 | leicht rötlich, strukturlos | Silikat + dunkle Komponente | - |
D | < 0,065 | sehr rot | Silikat+dunkle Komponente | - |
[1] Grosser JRO Atlas der Astronomie
[2] Minor Planet Center, USA, WWW-Seiten
[3] Die Taxometrie der Kleinen Planeten, D.Ewald, KPM 14
[4] Die Renaissance der Planetoidenastronomie, F.Börngen, Kalender für Sternfreunde 1988
[5] Planetoiden: ..., Sterne 60 (1984/1)
[6] Planeten-Wanderer im All, Lang und Whitney, Springer-Verlag